Das Passagen-Werk ist ein unvollendetes, philosophisch-literarisches Projekt, an dem Walter Benjamin ab 1927 bis zu seinem Tod 1940 gearbeitet hat. Er entwarf darin eine Geschichtsphilosophie des 19. Jahrhunderts, explizit aus der Sicht des 20. Jahrhunderts, in der Systematik eines historischen Materialismus, verknüpft mit theologischen Momenten. Damit führte er verschiedene Fäden aus seinen früheren Werken zusammen. Die frühen Entwürfe knüpfen an das surrealistische Werk Le paysan de Paris (1926) von Louis Aragon mit seiner Beschreibung der 1925 abgerissenen Pariser Opernpassage an, das er teilweise ins Deutsche übersetzte, distanziert er sich später von Aragon. Die umfangreiche Sammlung in Benjamins Nachlass besteht aus zwei Exposés („Paris, die Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts“) und mehreren tausend, thematisch geordneten Notizen, Zitaten und Exzerpten. Sie wurde erstmals 1982 unter eben dem Titel Passagen-Werk als Band V der Gesammelten Schriften mit weit über 1000 Seiten veröffentlicht und gilt als eines der bedeutendsten Fragmente der deutschen Literatur.
Der Titel Passagen geht zurück auf die überdachten Ladenpassagen, die ab dem frühen neunzehnten Jahrhundert zunächst in Paris entstanden. Benjamin sammelte als Flaneur – und diesen Begriff füllend – Hintergründe über ebendiese Pariser Passagen, Straßen und Warenhäuser, auch Panoramen und Weltausstellungen, schrieb seine Gedanken über Mode, Prostitution und Reklame auf und wollte eine dialektische Feerie entwerfen, in der die Entwicklung des Kapitalismus anhand der Lebenswelten der Metropole illustriert wird.
Ursprünglich plante er einen Essay von fünfzig Druckseiten, doch es wurde zu einer ausgeuferten Stoffsammlung, die er in den folgenden Jahren in sechsunddreißig Konvolute zusammenfasste, thematisch locker geordnet, und mit Schlagworten versah.